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  • AutorenbildGabriele Kolup

Echt jetzt?

Echt jetzt? Was hast du dir eigentlich dabei gedacht? So hattest du dir unsere gemeinsame Zeit vorgestellt? Noch im Jänner waren wir in unsere Hochzeitsvorbereitungen versunken gewesen – okay, die meiste Zeit plante ICH, aber das möchte ich dir auch gar nicht vorwerfen, denn schließlich träumte ich schon seit Jahren davon und nun befanden wir uns endlich auf der Zielgeraden. Der Termin am Standesamt stand fest, Familie und Freunde hatten zugesagt, die anschließende Hochzeitsreise war in einem hundefreundlichen Hotel gebucht. Und selbst ich – im tiefsten Herzen eine negative Seele, die erst an das Glück glaubt, wenn es ihr mit einem Vorschlaghammer auf den Schädel schlägt und dabei laut „Ich bin jetzt da!“ ins Ohr brüllt – war fest davon überzeug, dass das UNSER Jahr werden sollte, das wir nie vergessen würden.

Doch dann kam C. Still und leise hatte er sich wie eine Wühlmaus in unser Leben geschlichen und den mühsam und liebevoll bestellten Acker Meter für Meter untergraben. Aus die Maus. Die Hochzeit wurde abgesagt, eine Neuauflage war in weite Ferne gerückt. Diese fiese kleine Bazille!

Doch das Wunderbare am Leben ist, dass nicht immer alles verloren sein muss. Ich hatte die Wahl, von Selbstmitleid gebeutelt in den reißenden Stromschnellen dieses verdammten Flusses unterzugehen oder aber voller Trotz gepaart mit einem Hauch Hoffnung und Abenteuerlust zum Apnoetaucher zu mutieren. So versuchte ich also einen der knorrigen Äste, die einem das Leben ab und an gnädigerweise entgegenstreckt, zu fassen zu kriegen. Ich lernte, dass nicht jeder Ast dein Freund ist, doch ein blaues Auge und ein paar Schrammen später, langte ich beherzt zu.

Ich nahm all meinen Mut zusammen und verwandelte den schon lange geplanten Sommerurlaub in eine intime Trauung. Nur J. und ich, mehr braucht die Liebe nicht. Das beschauliche Wolfsberg, eine einfühlsame Standesbeamtin und unsere bezaubernde Fotografin – sie alle sollten unsere Vermählung zum Lichtstrahl in dieser dunklen Zeit machen und sogar meine Vision von einer Dirndlhochzeit auf der Alm in Erfüllung gehen lassen.

Aber glaub gefälligst nicht, dass du damit aus dem Schneider bist, du Verräter! Hast gemeinsame Sache mit C. und so manch anderen fiesen Kreaturen gemacht, bist wie ein trojanisches Pferd in unser aller Leben eingedrungen. Warst grausam und hast viele Kerzen für immer ausgelöscht. So mancher blieb auf der Strecke, kaum einer kam ohne Blessuren davon. Ich will dich nie wieder sehen, hörst du? Um nicht undankbar zu sein, gebe ich zu, dass du uns trotz allem auch einige schöne Momente geschenkt hast. Aber tu mir den Gefallen und verhalte dich in den wenigen Stunden, die dir noch verbleiben so unauffällig wie möglich. Und dann, wenn das Läuten der Pummerin endlich den Jahreswechsel einläuten wird, sag ich leise Servus zu dir. Und ich warne dich: So mancher wird das Fenster öffnen und hinausschreien: „Schleich di du Oaschloch!“

In diesem Sinne: Baba 2020!


© Jasmin López Photography

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